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Werner Franke hat Jan Ullrich vermutlich einen weitaus härteren Gegner als in Lance Armstrong, weil auf dem ungewohnten Terrain, auf dem Franke seinen Gegenspieler Ullrich herausfordert, juristische Tretminen verbuddelt sind, die mit Fahrgeschick kaum zu umkurven sind.
Fairness, das Warten auf den gestürzten Gegner, bis dieser wieder kampfbereit im Rennsattel sitzt, ist auf diesem Terrain ein Zeichen intellektueller Schwäche. Was dort zählt ist das Wuchten von großen Kausalitäts-Kettenblättern, mit deren rhetorischer Mechanik der »Gipfel der Wahrheit« erklommen werden soll.
Franke weiß um die Wirkung von Worten. Das hat er im katholischen Paderborn auf dem Gymnasium gelernt. In Heidelberg vertiefte er als Biologe seine Diskursfähigkeit bis sein Wort an Wucht gewann.
Sein Gegner Ullrich schulte in stundenlangen Trainingseinheiten seine motorischen Fertigkeiten – und kommunizierte instinktiv und asketisch schweigend mit seinem inneren Schweinehund.
Auf juristischem Terrain prallen jetzt zwei Realitätssichten aufeinander: schlussfolgernder Intellekt und brillante Motorik, zynische Vernunft versus trainierter Körper. Verhandelt wird der moralische Dreisatz: Schuld, Rache, Strafe.
»Der Geist der Rache, …, das war bisher der Menschen bestes Nachdenken; und wo Leid ist, da sollte immer Strafe sein. ‚Strafe’ nämlich, so heißt sich die Rache selber: mit einem Lügenwort heuchelt sie sich ein gutes Gewissen.« (Nietzsche)