Donnerstag, 9. September 2010

Amalgam

Apropos an die Wurzel gehen. Mein Zahnarzt setzte heute Morgen schweres Bohrgerät ein, um einen meiner Backenzähne zu reparieren. Zu lange hatte ich geschludert, bis mir vor ein paar Tagen die blendende Idee kam, doch mal meinen Mundraum etwas näher in Augenschein zu nehmen.



Ich gehöre zu der Generation, die bei Beschwerden im Mundraum mit Amalgam im Zahn ausgestattet wurde. Für seinen Quecksilberanteil von 50 Prozent ist Amalgam hinreichend bekannt. Der Füllstoff soll Wechselwirkungen im Körper verursachen und ist als Füllmethode aus dem Verkehr gezogen worden. Falls die Annahme stimmt, und davon gehe ich aus, hoffe ich, dass mein seit Monaten spürbare Gezwicke in den Fußgelenken ein Ende hat.

Fußkrank dürfen die KSK-Aspiranten auf gar keinen Fall sein: Die »Höllenwoche« ist »das Härteste, was man jungen Menschen in einer Demokratie zumuten kann«, soll ein Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK) geäußert haben. Gestern Abend zeigte die ARD in einer nüchtern kommentierten Dokumentation, was mit der Aussage gemeint ist. 180 Kilometer Fußmarsch mit schwerem Gepäck haben die 50 KSK-Aspiranten während des Eignungstests zu absolvieren - gespickt mit einer Fülle an Schikanen, von denen das ARD-Team einzig die »harmlosen« Schikanen filmen konnte. Übrig geblieben sind nach dem Test 14 Soldaten, »keine Rambo-Typen«, sondern Typen, die in zwei Jahren Ausbildung darauf gedrillt werden, im Ernstfall »punktiert und isoliert von der Truppe vorgehen«.

Screenshot aus der ARD-Dokumentation über das KSK


Bevor ich heute Morgen mit dem Rad zum Zahnarzt gefahren bin, sah ich mir die 30-Minuten-Dokumentation noch einmal genauer an. Ich wollte mich davon überzeugen, ob meine erste Assoziation aus der Luft gegriffen sei, dass Profi-Triathleten ziemlich gute Karten hätten, die »Höllenwoche« zu überstehen. Auf der Netzseite von Triathlon-Olympiasieger Jan Frodeno steht, er trainiere wöchentlich 45 Stunden. Fühle ich der Uridee des Triathlon auf den Zahn, ist dessen Wurzelfüllung von militärischem Amalgam geprägt.

Sicher wäre es verwegen, zwischen Frodeno oder Thomas Hellriegel und den KSK-Aspiranten eine Gemeinsamkeit zu konstruieren. Viel mehr interessiert mich, warum sich junge Demokraten zu paramilitärischen Spielen wie dem »Strongman Run« oder dem »Urbanathlon« hingezogen fühlen? Irgendeine Sehnsucht scheint bei diesen jungen Demokraten unerfüllt, wenn sie einen verschwenderischen Körperaufwand treiben, der niemandem zu Gute kommt – außer dem Arzt oder Apotheker.